Rede der Panthifa am 23.10. beim Refugee-Protestcamp vor der Ausländerbehörde München

Seit bald 2 Wochen campen Geflüchtete aus Sierra Leone vor der Ausländerbehörde in München, um gegen eine Botschaftsanhörung zu protestieren, bei der ihnen sierra leonische Passierscheine ausgestellt werden sollen, um ihre Abschiebung zu ermöglichen. Das Camp besteht immer noch [Stand: 29.10.2021]. Pressearbeit für das Camp findet über den Instagram Account von Black Lives Matter München statt.

Es folgt unsere Rede bei einer Kundgebung auf dem Camp:

Die geflüchteten Menschen sollten heute nicht hier sein müssen. Sie sollten gerade im Warmen sitzen, in eigenen Wohnungen, die sie frei wählen durften, ohne die ständige Bedrohung durch Leistungskürzung und Abschiebung. Doch die Geflüchteten sind hier und kämpfen für ihre Rechte, in kaltem Wetter am Straßenrand, während die sogenannte „Münchner Zivilgesellschaft“, die seit Montag sehr wohl dringend hier sein sollte, ihre Unterstützung mit der Ausrede von Studium und Lohnarbeit verweigert. Sie nutzen ihr Privileg, genehmigungsfrei mit Kündigungsschutz und bezahlten Krankheitsstunden arbeiten zu dürfen und den Luxus von Recht auf akademische Bildung, um sich mit dem gerade vor unseren Augen stattfindenden, realpolitischen Kampf um Bleiberecht für Alle entsolidarisieren zu können. Sie entsolidarisieren sich mit der klaren Forderung: Keine Abschiebung!

Abschiebung ist immer ein Ausdruck von Unterdrückung. Europa ist der Hauptprofiteur des globalen Kapitalismus und der Ausbeutung des afrikanischen Kontinents. Lieber wird teuer abgeschoben, als geflüchteten Menschen mit diesem Geld ein würdiges Leben zu ermöglichen. Diese Rechnung macht nur mit einem rassistischen, unmenschlichen Weltbild Sinn.

Europäische Menschen wissen genau, dass ihr heutiger Reichtum über hunderte Jahre vom Rest der Welt gestohlen wurde und jetzt wollen sie diesen Reichtum mit aller Gewalt verteidigen. Die Gewalt kommt einerseits aktiv von den Behörden, welche abschieben, aber auch passiv von der breiten Bevölkerung, die lieber die Augen zumacht und weiter brav ins beheizte Büro oder Hörsaal geht, statt ihren Parolen wie „Refugees Welcome“ Taten folgen zu lassen.

Ein Deutschland, das sich Waffenexporte, schmutzige Wirtschaftsdeals und Auslandseinsätze der Bundeswehr wie in Mali leisten kann, kann sich auch die Aufnahme und menschliche Behandlung von Geflüchteten leisten. Geflüchtete, die auch wegen deutscher Waffenexporte und Ausbeutung nach Deutschland kommen, schulden uns nichts, und wir schulden ihnen alles.

Viele von euch aus Sierra Leone haben mir in den letzten Tagen eure Geschichten erzählt, dass ihr seit Jahren in Deutschland lebt und alles getan habt, was von euch verlangt wurde: Ihr habt Deutsch gelernt, ihr habt Ausbildung gemacht, seid zu euren Terminen gegangen und habt nie ein Gesetz gebrochen, und trotzdem sollt ihr jetzt abgeschoben werden.
Ich sage euch: Es ist egal was ihr getan oder nicht getan habt, ihr verdient es in Deutschland zu sein, weil ihr nur wegen deutscher Unterdrückung hier seid.

To my Sierra Leonian siblings here: You don’t owe Germany anything, and Germany owes you everything. Stop deportation!

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